Leben und Wirken [Bearbeiten]
Aziz Nesin wurde auf der Prinzeninsel Heybeliada in Istanbul geboren und ging dort zur Schule. 1935 ging er auf die Militärakademie in Ankara, die er 1937 verließ, um seinen Militärdienst anzutreten. 1945 wurde Nesin Mitarbeiter der Zeitung Tan, deren Räume noch im selben Jahr von staatstreuen Studenten in Brand gesteckt wurden. Ab 1946 gab er unter anderem mit Sabahattin Ali die erfolgreiche Satirezeitschrift Markopaşa heraus, in der sie auch die politischen Verhältnisse angriffen. Beide wurden nach der dritten Ausgabe verhaftet, aber nach 20 Tagen Haft ohne Anklage wieder auf freien Fuß gesetzt. Um der Zensur zu entkommen, benannten sie die Zeitung mehrmals um; Nesin ging 1947 nach Bursa ins Exil, Ali wurde 1948 an der Grenze zu Bulgarien vermutlich durch staatliche Stellen ermordet. 1949 wurde Aziz Nesin von der heutigen britischen Königin Elisabeth II., dem Schah Mohammad Reza Pahlavi sowie dem ägyptischen König Faruq wegen Beleidigung angeklagt und musste für sechs Monate ins Gefängnis. Er betrieb danach die Zeitung noch bis 1951 weiter.In den Folgejahren arbeitete er bei unterschiedlichen Zeitungen und veröffentlichte eine Reihe von Büchern. Seine Werke wurden immer wieder zensiert; er selbst saß insgesamt über fünf Jahre in Untersuchungshaft, wurde aber immer wieder freigesprochen. 1962 gab es einen Brandanschlag auf seinen Verlag, bei dem auch seine Schriften verbrannten.
1972 gründete er bei Çatalca in der Nähe von Istanbul die Nesin-Stiftung für Kinder, deren Familien ihnen den Zugang zu Bildung nicht finanzieren können. Die etwa 45 Kinder und Jugendlichen (Stand: September 2006) besuchen entweder staatliche Schulen oder Universitäten. In einem liebevollem Umfeld sollen die Kinder zu kreativen und kritischen Menschen erzogen werden. Leiter der Stiftung ist Aziz Nesins Sohn, Ali Nesin. Er gründete auch eine private Universität; mit diesem Schritt wandte er sich gegen die autoritären Strukturen im türkischen Bildungssystem.
Als er die türkische Übersetzung von Auszügen aus Salman Rushdies „Satanischen Versen“ herausgab, wurde er zum Hassobjekt islamischer Fundamentalisten, die ihn in einer Fatwa zum Abtrünnigen vom Islam erklärten. Am 2. Juli 1993 versammelten sich islamische Fundamentalisten nach dem Freitagsgebet vor dem Tagungshotel, das schließlich angezündet wurde. Nesin überlebte leicht verletzt, aber 37 Menschen wurden getötet (siehe Brandanschlag von Sivas). Am 6. Juli 1995 starb er nach einer Lesung in İzmir an einem Herzinfarkt. Als Atheist hatte er in seinem Testament verfügt, dass für ihn keine islamische Trauerfeier abgehalten werden sollte. Er wurde auf dem Gelände des Kinderdorfes anonym beigesetzt.
Preise und Auszeichnungen [Bearbeiten]
Aziz Nesin gilt als einer der populärsten türkischen Schriftsteller; er schrieb 137 Bücher, von denen einige in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurden. Aufgrund seiner kritischen Haltung musste er bei über 200 politischen Prozessen vor Gericht erscheinen. Für sein Werk, aber auch für sein demokratisches Engagement, erhielt er zahlreiche Preise: zwei Mal die Goldene Palme (1956 und 1957), den Goldenen Igel (1966), den Preis des Internationalen Krokodil-Satirewettbewerbs (1969), den Theaterpreis des türkischen Sprachvereins (1970), den Lotus-Preis (1974), den Madarali-Roman Preis (1978), die Auszeichnung „Vom Volk gewählter Schriftsteller“ (1985), die „Goldene Tolstoi-Medaille“ (1989) und die „Carl-von-Ossietzky-Medaille“ (1993).In Berlin-Kreuzberg wurde die Grundschule an der Urbanstraße nach ihm benannt.[1]
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